Natürlich
fotografieren

Wildlife- und Naturfotografie
Stephan Siemon

Wildlifefotografie – was darf ich und was nicht?

Laub im Sonnenuntergang, Copyright Stephan Siemon fotografiert von Stephan Siemon

Wildlifefotografie bedeutet, sich mit der Natur und den dort lebenden Tieren ausgiebig zu beschäftigen. Es bedeutet aber auch, dass bestimmte Regeln eingehalten werden müssen. Zum Wohle der Tiere und zum Schutz der Natur.

Dieser Beitrag ist keine Rechtsberatung und kann auch keine ersetzen. Er stellt meine persönliche Meinung dar und zitiert gängige Gesetze.

Darf ich überhaupt in die Natur zum Fotografieren?

Es gibt diverse Gesetze die besagen, dass wir uns in der Natur erholen dürfen. Das Bundesnaturschutzgesetz schreibt dazu in $59, dass „das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen […] zur Erholung allen“ gestattet ist. Aber natürlich gibt es Ausnahmen. Vor Ort können besondere Situation diese Freiheit einschränken. Beispiele sind Forstarbeiten oder besondere Gefahren wie aktuell herrschende Tierseuchen.

Abgesehen von Schutzgebieten dürfte man theoretisch zu jeder Tageszeit den Wald auch abseits der Wege betreten, so das Bundeswaldschutzgesetz. Die Schutzgebiete sind entsprechend ausgeschildert oder auf entsprechenden Karten eingezeichnet.

Grundregel im Wald: Störe nicht!

Oft erlebe ich bei meinen Fotoabenteuern Spaziergänger (besonders mit Kindern), die ein wildes Tier erleben und dem hinterher rennen, um es zu beobachten. Das ist hochgradig fahrlässig und zudem verboten. Das Nachstellen, Stören und Aufscheuchen von Tieren kann streng genommen als Wilderei ausgelegt werden. Nach §19a des Bundesjagdschutzgesetzes und nach §44 des Bundesnaturschutzgesetzes ist das verboten und kann empfindliche Strafen nach sich ziehen. Was genau nun unter Nachstellen zu verstehen ist, ist in gewissen Teilen Auslegungssache. Fotografieren kann schon dazuzählen, wenn das Tier dabei aufgescheucht wird.

Aber bleiben wir mal auf dem Teppich: wenn ich mich im Wald ruhig und besonnen an die Regeln halte, wird keiner etwas sagen, wenn man ein Tier beobachtet oder fotografiert. Solange ich es nicht störe oder verscheuche ist es meiner Meinung nach im Rahmen.

Bleib auf den Wegen

Es gibt in unseren Wäldern keinen Grund, die Wege zu verlassen. Selbst in solchen, wo es erlaubt wäre. Aber tatsächlich ist es in vielen Fällen verboten. Die meisten großen Waldgebiete sind Naturschutzgebiete und dort ist es per Bundesnaturschutzgesetz verboten, den Wald abseits der Wege zu betreten. Das gilt auch für Landschaftsschutzgebiete und bewirtschaftete Gebiete.

Zum Fotografieren einen Schritt an den Wegesrand zu machen finde ich aber unter bestimmt Voraussetzungen in Ordnung und es wird auch kaum jemand anders was dagegen sagen, wenn Du nicht direkt auf dem Weg bist sondern an dessen Randzone. Aber achte darauf, dass Du keine Pflanzen beschädigst oder Tiere störst!

Grundsätzlich dürfte man Wege verlassen, da die Fotografie für mich eine Erholung darstellt und wenn das Gebiet eine ungenutzte Grünfläche darstellt ( Bundesnaturschutzgesetz, § 59 Absatz 1 und 2. “Das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung ist allen gestattet”.). Aber fast jede Fläche Natur wird in Deutschland bewirtschaftet, ob durch Forst- oder Landwirtschaft. Brachliegende Flächen gibt es nur wenige.

Waldweg in der Gellener Torfmöörte

Aus aktuellem Anlass möchte ich auch noch mal darauf hinweisen, dass Hunde an der kurzen Leine durch diese Gebiete geführt werden müssen. Leider musste ich erneut feststellen, dass das nicht eingehalten wird und eine Gruppe Rehe von freilaufenden Hunden gejagd wurde. Und bei sowas bin ich auch ganz ehrlich und zeige dies notfalls an, denn sowas geht gar nicht! Die Anleinpflicht gilt auch außerhalb dieser Gebiete zur Brut- und Setzzeit der Tiere. Und nein: ich habe nichts gegen Hunde, im Gegenteil. Aber ich habe was gegen Hundehalter, die sich nicht an die Regeln halten. Und ja: ein Jäger darf einen freilaufenden Hund zur Gefahrenabwehr erschießen, spätestens wenn er wildert.

Nimm Müll mit

Nicht nur Deinen, auch den dort bereits liegenden! Das ist nun wirklich nicht schwer zu verstehen und umzusetzen. Bedarf keiner weiteren Worte.

Muss nicht sein, darf nicht sein: Umweltvermutzung. Quelle: felix_w auf pixabay.com

Campieren / Feuer machen

Nein. Nicht, wenn es Euch nicht ausdrücklich erlaubt wurde. Und dass das jemand erlaubt ist höchstunwahrscheinlich, wenn es nicht ein Privatwald ist. Selbst dort würde ich sowas niemals machen wollen. Zu groß ist das Risiko.

Rauchverbot

In den meisten Bundesländern gilt ganzjährig absolutes Rauchverbot in Wäldern. In den wenigen anderen (zum Beispiel Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Niedersachsen) gilt das Rauchverbot von einschließlich März bis Oktober. Aber auch hier ist zu schauen, ob dieses Gesetz vor Ort noch weiter verschärft wurde. Der Grund dafür sollte klar sein: schon ein kleiner Funke kann zu einem zerstörerischen Ergebnis führen.

Nachstellen oder Stören von Tieren

Ein Wildlife-Fotograf möchte natürlich Tiere beobachten und das in ihrer natürlichen Umgebung. Aber das bedeutet auch, dass man sich den Tieren möglichst gut annähern möchte. Und hier entsteht ein Konflikt mit gängigen Gesetzen. Zunächst möchte ich hier mal das Jagdschutzgesetz zitieren:

§ 19a Beunruhigen von Wild
Verboten ist, Wild, insbesondere soweit es in seinem Bestand gefährdet oder bedroht ist, unbefugt an seinen Zuflucht-, Nist-, Brut- oder Wohnstätten durch Aufsuchen, Fotografieren, Filmen oder ähnliche Handlungen zu stören. Die Länder können für bestimmtes Wild Ausnahmen zulassen.

Eine große Hürde für Wildlife-Fotografen, aber der Passus ist auch logisch. Natürlich möchte keiner, dass sich die Tiere durch Fotografen gestört fühlen. Schon gar nicht Flucht ergreifen oder sich nicht an ihren Bau oder ihr Nest trauen. Genauso möchten wir Menschen ja auch nicht, dass Fremde sich auf dem Grundstück aufhalten oder sich in unser Bett legen.

$44 des Bundesnaturschutzgesetzes besagt ähnliches und verbietet das Stören von Tieren oder das Zerstören von besonderen Pflanzen und dergleichen.

Was genau ist mit Stören gemeint?

Ein Tier fühlt sich spätestens dann gestört, wenn es aufgescheucht wird, also „schreckt“. Es ergreift die Flucht und meidet den Bereich dann für die nächste Zeit. Den Fluchtinstinkt zu wecken ist die eine Sache. Die andere ist es, das Tier am Aufsuchen seines Baues oder Nestes zu hindern. Wenn ich weiß, dass sich ein Reh dort zum Ruhen ablegt oder der Eisvogel an der Stelle brütet, habe ich da rein gar nichts zu suchen und muss Abstand waren.

Wie vermeide ich, dass ich Tiere störe

Zu aller erst natürlich, in dem ich mich leise verhalte. Ruhiges Gehen, besonnenes Verhalten und Achtsamkeit der Natur gegenüber. Schreiend durch den Wald rennen ist natürlich das absolute Gegenteil (erlebt man tatsächlich leider sehr häufig). Schritte sollten wohl überlegt sein, besonders wenn es an die Hotspots geht. Schon ein knackender Zweig auf dem Boden reicht theoretisch aus, um Tiere zu erschrecken und zu stören. Die beste Methode meiner Meinung nach ist immer noch das Ansitzen mit der Kamera. Hier stört man die Tiere am Wenigsten und man erlebt natürlich viel mehr.

Ist Ansitzen mit der Kamera erlaubt?

Tatsächlich habe ich bislang nichts Gegenteiliges gelesen außer in den oben bereits geschilderten Situationen. Da ich mich frei in der Natur unter Berücksichtigung der Gesetze bewegen darf, darf ich mich auch entsprechend auf einen toten, umgefallenen Baumstamm setzen oder dahinter verstecken. Oder es mir am Weg auf einen Campingstuhl bequem machen. Inwieweit das sinnvoll ist oder ob ich mich evtl. in Gefahren bringe, ist eine andere Frage. Aber tatsächlich ist das Ansitzen die beste Methode um Tiere zu fotografieren ohne sie dabei zu stören.

Tarnen im Wald?

Es spricht nichts dagegen, sich gedeckte Kleidung anzuziehen. Und diese reicht in vielen Fällen als Tarnung völlig aus. Aber wie schaut es mit Tarnnetzen oder Tarnzelten aus? Ein Tarnnetz sehe ich nicht als Problem. Ein Tarnzelt kann zum Problem werden, wenn es komplett geschlossen ist. Dann könnte der Aufbau und das Nutzen dieses Tarnzeltes als Camping angesehen werden, was generell verboten ist. Ein Chair-Hide, also unten offener Stuhl mit Tarnhaube dagegen ist grundsätzlich erst mal in Ordnung.

Gefahren im Wald für mich als Fotograf

Leider ist es wirklich so: die Gefahr Nummer 1 für Fotografen sind Jäger. Das ist nicht böse gemeint und ich möchte den Jägern auch nichts unterstellen. Die werden natürlich nicht schießen, wenn sie die Fotografen sehen. Und auch ein unklares Ziel darf ja nicht einfach beschossen werden. Aber was ist, wenn sie den Fotografen, der vielleicht in der Schussbahn getarnt sitzt nicht sehen? Und was ist mit Querschlägern? Querschläger sind unberechenbar und treten nicht selten auf. Das will weder der Fotograf / die Fotografin noch der Jäger. Zwei Leben können mit sowas ganz schnell ruiniert sein! Verhindern kann ich das, wenn die Jäger wissen wo ich bin oder wenn ich ein aktuell bejagtes Gebiet meide. Deswegen (nicht nur deswegen): sucht den Kontakt zu Jägern. Versucht den Hegemeister des Gebietes ausfindig zu machen und sprecht Euer Vorhaben ab. Ich habe bislang nur freundliche Jäger getroffen, die dann gesagt haben, dass mein Standort gerade bejagt wird und mich gebeten haben, woanders hinzugehen, sogar noch Tipps gegeben haben. Mit vielen stehe ich auch dauerhaft in Kontakt und helfe sogar bei der Beobachtung des Bestandes.

Gefahr Nummer 2 sind definitiv Ungeziefer und Schlangen. Zecken, Fuchsbandwurm oder der Eichen-Prozessionsspinner lösen Krankheiten oder Allergien aus. Wenn ich den Wald betrete, tue ich das auf eigene Gefahr und muss damit rechnen. Auch Schlangenbisse sind nicht zu unterschätzen. Es gibt zwar wenige giftige Arten in Deutschland, der Biss einer Kreuzotter ist selten tödlich wegen der geringen Menge an Gift. Aber auch das kann wirklich sehr sehr schmerzhaft sein und Nachwirkungen mit sich ziehen. In wenigen Teilen Deutschlands (zum Beispiel im Schwarzwald) kommt noch die Aspisviper vor. Auch ihr Gift ist nicht tödlich, kann aber fiese Verletzungen mit sich ziehen.

Gefahr Nummer 3 sind die am einfachsten zu vermeidenden Gefahren. Wetterkapriolen (Schneelast, Gewitter), Waldbrand oder eine Verletzung. Natürlich informiert man sich im Vorhinein, ob das Wetter mitspielt und meidet gefährliche Witterung. Und für Verletzungen sollte man stets ein Verbandsset (gibt es klein und handlich für die Kameratasche) und ein vollgeladenes Handy dabei haben.

Das giftige Pflanzen und Pilze gemieden werden sollen, muss ich nicht extra erwähnen.

Fazit

Vielleicht konnte ich einige Fragen und Unklarheiten beseitigen. Mein wichtigster Rat für jeden Wildlifefotografen ist aber eindeutig: Achtsamkeit der Natur gegenüber und Kontakt zu Jägern, Förstern oder Landwirten suchen. Wir betreiben ein sehr sehr schönes und erholsames Hobby. Wenn wir das entsprechend auch durch unser Verhalten und die Ergebnisse zeigen, findet es überall Anerkennung – auch bei den Jägern, denen (für mich nicht nachvollziehbar) nachgesagt wird, dass sie uns angeblich nicht haben wollen. Das Leben ist ein ständiges Geben und Nehmen und wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus.

Viel Spaß beim Fotografieren 😉

Passende Links zu den Gesetzen:

§44 Bundesnaturschutzgesetz https://www.gesetze-im-internet.de/bnatschg_2009/__44.html
§59 Bundesnaturschutzgesetz https://www.gesetze-im-internet.de/bnatschg_2009/__59.html
§19a Bundesjagdgesetz https://www.gesetze-im-internet.de/bjagdg/__19a.html

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